Foto: Pfeifer & Kreutzer, „Distance“, 2-Kanal Videoinstallation, 2019
Das konzeptionell arbeitende Künstlerpaar Pfeifer & Kreutzer besteht aus Anne Pfeifer und Bernhard Kreutzer, die an der Akademie der Bildenden Künste und an der Hochschule für Fernsehen und Film in München studiert haben. Sie kreieren künstlerische Arbeiten von Soundskulpturen, Soundinstallationen, Videos, Videoinstallationen, Objekten bis hin zu Mixed Media. Die Ausstellung Berührung im MMIII Kunstverein Mönchengladbach ist ihre erste institutionelle Einzelausstellung als Künstlerduo. Minimalistische Skulpturen, aus deren Inneren es tönt und die trotz ihrer starren, geometrischen Erscheinung in einen schwerelosen Tanz verfallen. Videos bei deren Anblick es die Betrachter schwindelt und Objekte, die aus der Kombination von ambivalent Gegensätzlichem bestehen. Überhaupt hinterfragen die Arbeiten des konzeptionell arbeitenden Künstlerduos Pfeifer & Kreutzer immer wieder unsere Erwartungen, Wahrnehmungsprozesse und Erkenntnisse, um die Betrachter*innen eine neue Perspektive zu eröffnen.
Thematisch beschäftigen sich die Künstler in ihren Videoarbeiten mit der Frage woraus Menschen gemacht sind: wie sie fühlen, wie sie kommunizieren, wie sie sich bewegen, wie sie denken, leben und vergehen? Dabei stoßen sie immer wieder auf den Mythos des Sisyphos und damit einhergehend auf den Menschen, der auf der ewigen absurden Suche des Lebenssinns, sich ständig wiederholt und immer wieder an den gleichen Dingen scheitert. Zwei Beispielarbeiten sind die Videoarbeit „Walking through Gwangju“, bei der die Künstler versuchen rückwärts durch Gwangju zu laufen oder „Badminton Solo“, bei dieser Videoarbeit spielen Pfeifer & Kreutzer nicht auf gewöhnlichem Wege Badminton miteinander, sondern jeder für sich mit jeweils zwei Badminton Schlägern.
Die künstlerische Arbeit des Künstlerpaares trägt oft eine spielerische und humorvolle Erscheinung. Doch bei genauerer Betrachtung lässt sich hinter diese Fassade blicken und tiefer liegende Ebenen entdecken. Humor und Ernsthaftigkeit existieren nebeneinander. So auch zum Beispiel in der kinetischen Skulptur „Streicheleinheit“. Hier „streicheln“ zwei Scheibenwischer über ein Fellimitat – verspielt, lustig, zärtlich. Doch der Scheibenwischer geht nicht nur mit dem Strich des Felles, sondern auch gegen diesen. Mit der Zeit reibt die Mechanik das Fell ab. Neben einem zärtlichen Erscheinen erhält die Arbeit damit auch etwas Brutales, Hartes, Verletzendes.
Auch bei den kinetischen Soundskulpturen und -installationen beschäftigen sich die Künstler mit der menschlichen Existenz. Die minimalistischen Objekte sind lebendige Maschinen mit Seele und emotionalen Ausbrüchen. Die Arbeiten können so beispielsweise wild, wütend, wehleidig, ruhig, unruhig und untereinander kommunizierend erscheinen – es visualisieren sich Landschaften des Inneren. Jede Bewegung wird durch eine computergesteuerte Mechanik im Inneren der Objekte hervorgerufen. Die Mechanik hämmert gegen die Innenseite der Objekte und erzeugt damit nicht nur eine Bewegung, sondern auch einen Klang. Die Soundskulpturen und -installationen bewegen sich stets in einem von uns selbst einprogrammierten und komponierten Rhythmus.
Auch diese Arbeiten vermögen den Spieltrieb zu erwecken und in uns die Erinnerung von alten Spielautomaten hervorrufen, etwas magisches und leichtes umgibt die Skulpturen. Doch auf der anderen Seite können diese auch ein Gefühl der Enge und des Eingesperrtseins hervorrufen. Was ist dort im Inneren eingesperrt? Ein emotionaler Ausbruch, denn wir selbst als menschliche Wesen unterdrücken und nicht zum Vorschein kommen lassen, bis es plötzlich zum unaufhaltsamen Ausbruch kommt?
Für die Ausstellung Berührung in Mönchengladbach konzipiert das Künstlerduo neue Arbeiten, die sich mit der Architektur verbinden und auf Berührungen verweisen. Der Betrachter erlebt eine ungewöhnliche audiovisuelle Erfahrung. Die neuen Werke reagieren auf Berührungen der Besucher und thematisieren die Sehnsucht nach Nähe.