Anordnung von 12 Sonnenblumenkernen
Die Ausstellung wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie nur digital präsentiert.
Morgen kann ich endlich wieder warten.
Statement zur künstlerischen Arbeit
Ausgangspunkt meiner künstlerischen Arbeit sind meist Reibungen an dem Verlauf der Zeit. Dieses Thema lässt mich nicht los, weil ich als Mensch an ihren linearen Verlauf gebunden bin. Ich würde die Zeit gerne ausbremsen oder beschleunigen, mich dem Fortschritt entziehen, mal eine Pause machen oder eine Sequenz überspringen. Ich möchte die unterschiedlichen Zeitgeber synchronisieren, Abkürzungen und Umwege in der Zeit zu gehen oder in eine ganz andere Zeit zu reisen. Auch wenn sich die Wahrnehmung von Zeit leicht (aber auch immer nur begrenzt) manipulieren lässt, so können wir der Zeit doch nicht entfliehen und altern (bisher zumindest) unaufhaltsam. Jeder Versuch, aus der Zeit oder aus der Beschleunigung der Gesellschaft auszubrechen, endet letztlich in einer Dyschronie, der temporalen Zerstreuung unserer Gesellschaft, wie sie von Byung Chul Han und Zygmund Bauman beschrieben und kritisiert werden.
Diese Problematik ist häufig Antrieb meines Schaffens. Die daraus folgende, meist konzeptuelle Arbeit beschäftigte sich bisher mit Produktion und Destruktion von Zeit, Wartezeit, der Verschwendung von Zeit, Manipulation der kosmischen, natürlichen und menschlichen Zeitgeber und findet sich gerade bei der Geduld.
Um die Dominanz über die Zeit zurückzugewinnen, habe ich eine Spieluhr gebaut, mit deren Kurbel spielerisch Zeit produziert werden kann. Die Arbeit Watch stellt die Frage nach der Herrschaft über die Zeit auf andere Weise. Wer die Uhr anschaut, der stoppt damit ihr Voranschreiten. Kehrt man ihr aber den Rücken, vergeht die Zeit plötzlich wieder in ihrer gewohnten Weise. Mit Plakaten auf Litfaßsäulen, auf denen die Umgebung als 360° Foto festgehalten wurde, stelle ich der sich verändernden Umgebung ein eingefrorenes Spiegelbild gegenüber und kreierte eine wachsende Lücke zwischen den divergierenden Zeitsträngen: Abbild und Realität, die vom Betrachter gedanklich zu überbrücken war.
Meine Arbeit ist unter anderen inspiriert durch Klaus Rinke, Christian Boltanski, Francis Alÿs, Julian Pörksen und Jochem Hendricks.
Mir liegt es am Herzen, das bei den Betrachtern meiner Arbeiten ein Moment der Reflexion einsetzt, dass sie sich ihrer Wahrnehmung bewusst werden. Auch wenn die Arbeit konzeptueller Art ist muss sie vom Publikum nicht in dieser Weise verstanden zu werden, deshalb ist es mir wichtig, dass jedes Werk auch eine sinnliche Komponente hat.
In meiner Arbeit geht es mir nicht darum Dinge zu hinterlassen. Am liebsten agiere ich so, dass nachher alles ist, wie es vorher war, dass keine Spuren entstehen und es nicht sicher ist, ob das geschehene wirklich war.
Ausstellungsansichten
Fotos und Videos: Maurits Boettger
Die Ausstellung ist ein gefördertes Kooperationsprojekt mit dem Kulturbüro Mönchengladbach im Rahmen des Kunstmentorats NRW des Landesbüros für Bildende Kunst in Aachen-Kornelimünster