Der in Berlin lebende Künstler Tilman Wendland nimmt architektonische Gegebenheiten von Innenräumen zum Ausgangspunkt, um ihren ursprünglichen Charakter hervorzuheben und zu bearbeiten. Bisweilen schafft er etwa eine zweite Ebene – wie bei De Appel in Amsterdam –, er entwickelt neue Formen aus dem, was er vor Ort vorfindet – beispielsweise im Museo Rufino Tamayo, Mexiko-City – oder er fügt etwas hinzu, was das Raumgefühl verändert (Oderberger Straße, Berlin).
Wendland reorganisiert und disorganisiert Raum, seine Technik besteht meist darin, wie es Martin Conrads ausdrückt, „eher ,einfache‘ Materialien wie PVC, Papier oder MdF in Räume so einzupassen, dass das Ergebnis entweder unwahrscheinlich oder aber beinahe unauffällig erscheint.“
Bei Ticker 10 in der Galerie Carlier Gebauer etwa verlangte er einem großen Stück weißen Kartons aufgrund seines Eigengewichtes eine ähnliche Krümmung ab, wie sie die Raumdecke darüber vorgab – „mit dem Effekt, dass sich Karton und Decke gegenseitig zu simulieren schienen“.
Der Gebrauch simpler Materialien ist nicht nur auf ästhetische Überlegungen zurück zuführen, sondern hat auch pragmatische Gründe. Wichtig ist für den 37-Jährigen der jeweils „richtige Einsatz der ,Ökonomie‘“, also das „Verhältnis von Arbeitskraft, Qualität und Beschaffenheit des Materials, Arbeitszeit, Dauer und Örtlichkeit“.*
Die jetzt für den MMIII Kunstverein Mönchengladbach entwickelte Arbeit des gebürtigen Potsdamers nimmt Bezug auf die Installation bei Ticker 10. Auch hier nutzt er die charakteristischen Eigenschaften des Materials – statt Karton hier Hartfaserplatten – und setzt dieses der Schwerkraft aus; jenem natürlichen Gesetz, das jeden Aspekt unseres Lebens auf der Erde beeinflusst und das uns – stärker als jede andere natürliche Kraft – daran erinnert, dass es mehr gibt als das, was wir sehen.
* Martin Conrads, Größte anzunehmende Zufälligkeiten, Ideal City – Invisible Cities, Revolver, Frankfurt am Main 2006